Der erste Newsletter des Demografie-Blogs ist raus! Für alle, die ihn (noch) nicht abonniert haben, poste ich die Erstlings-Ausgabe hier. Wenn Sie künftig auch den Newsletter bekommen wollen, gleich hier anmelden!
Liebe Abonnentinnen und Abonnenten,
hier kommt der erste Newsletter des Demografie-Blogs! Sicher wird sich der Newsletter künftig noch entwickeln und ändern. Ich freue mich über Feedback und Wünsche von Ihnen! Gerne als Antwort auf diese E-Mail oder als Kommentar im Blog, wo ich diese Erstlings-Ausgabe diesmal auch poste.
Neues zum BlogZuletzt hatte ich im Demografie-Blog geschrieben, wie die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern damit zusammenhängt, dass Frauen Mütter werden. Und ich war optimistisch, dass sich etwas ändern kann, weil es im Osten der Republik so viel fairer zugeht als im Westen. Unter anderem, weil dort Arbeit und Familie für Frauen besser vereinbar ist.
Aber die Gewissheit, dass im Osten langfristig mehr Mütter Vollzeit arbeiten als im Westen (und darum mehr verdienen können), gerät ins wanken: Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung fiel der Anteil der Frauen mit minderjährigen Kindern, die Vollzeit arbeiten, von 74 Prozent im Jahr 1991 auf 50 Prozent im Jahr 2007 (West: 23 auf 18 Prozent). Immer mehr Mütter arbeiten inzwischen Teilzeit oder gar nicht. Eine Zusammenfassung der Studie findet sich auf den Seiten 1 & 2 dieses PDFs.
Sorge um Geburtenrate kommt in den USA an…Während wir Deutschen uns permanent sorgen, zu wenige Kinder zu haben, greift dies nun auch in den USA um sich. Weil dort die Zahl der Kinder pro Frau 2011 auf 1,9 fiel, und damit unter das Bestandserhaltungsniveau von 2,1, ist nun in den Medien eine Diskussion im Gange, die von ähnlichen Ängsten getrieben wird wie bei uns: Vor allem, dass die Wirtschaft schwächelt und die Alten nicht mehr versorgt werden können.
Einen genaueren Blick auf die Daten findet man auch in den USA nicht in den Medien, sondern in der Blogosphäre: In seinem Blog Behind the Numbers stellt das Population Reference Bureau klar: Die Geburtenrate sank vor allem deshalb unter 2,1, weil die Kinderzahl der mexikanischen Einwanderer gerade anhaltend sinkt. Allerdings von einem hohen Niveau aus: 2007 lag sie noch bei etwa drei Kindern pro Frau. Andere Bevölkerungsgruppen (mit Ausnahme der Kubaner) liegen alle schon länger unter dem Bestandserhaltungsniveau – allerdings nur knapp.
… und findet sich weltweit wiederAus deutscher Sicht ist das eine Luxusdebatte. Hier liegt die zusammengefasste Geburtenziffer ja schon seit langem bei etwa 1,4 Kindern pro Frau. In vielen entwickelten Ländern der Welt ist das momentan ähnlich. Das ist letztlich eine erklärbare demografische Entwicklung, die per se nichts Böses hat. Politiker sehen sie allerdings als Problem an, das es zu beheben gilt.
Die Vereinten Nationen haben gerade analysiert, wie Regierungen weltweit die Geburtenrate im eigenen Land bewerten, und das Ergebnis jetzt unter dem Titel World Population Policies 2011 veröffentlicht. Hier die Prozentanteile der Länder, die die Geburtenrate jeweils als zu niedrig, befriedigend oder zu hoch einschätzen:
(Die Tabelle ist ein Ausschnitt aus dieser UN-Tabelle)
Daten in der deutschen Debatte: genau hinsehen! Im Netz finden sich zwei interessante Informationshappen für die deutsche Debatte: In seiner neuen Grafik des Monats April malt das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) die Geburtenrate der Frauen nach ihrem Alter auf, und unterscheidet dabei zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Message: In den Städten werden Frauen später Mütter als auf dem Land. Gleichzeitig ist in der Stadt die Geburtenrate niedriger (etwa 1,3) als auf dem Land (etwa 1,4).
Sehr schön, dass das BiB das so genau aufschlüsselt. Aber ist es ausreichend, um das richtige Bild zu bekommen? Nicht, wenn man den Trend wissen will. Der besagt etwas anderes, wie der Demografie-Think Tank "Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung" in seinem jüngsten Newsletter schreibt: "Ländlicher Raum verliert Vorsprung bei den Kinderzahlen".
Die Berliner machen sich die Mühe, die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau nach Gemeindetypen in West- und Ostdeutschland aufzusplitten, und vergleichen dann den Stand von 2000 und 2010 (siehe Säulen-Grafik). Ergebnis diesmal: In Großstädten ist die Geburtenneigung gestiegen, in ländlichen Kreisen dagegen gesunken.
Leseempfehlung: Studie Beide Grafiken sind richtig. Aber der Vergleich zeigt, wie schnell man sich irren kann, wenn man nur einzelne Aspekte (z.B. Einzeldatensätze) beachtet. Jedem, der sich mit Familienpolitik beschäftigt empfehle ich darum dringendst die Open Access-Studie "Fertility in Advanced Societies: A Review of Research". Sie gibt einen Überblick, wie viele verschiedene Faktoren nach aktuellem Stand der Wissenschaft beeinflussen, ob Menschen sich für oder gegen Kinder entscheiden. (Ich zähle sie hier nicht auf, es sind zu viele.) Politiker wollen zwar immer eine klare Antwort, aber die Forschung kann in diesem Fall nur sagen, dass sie eher ein paar Dutzend hat.
Aber wir sind ein freies Land. Selbstverständlich darf jeder die Debatte so undifferenziert angehen, wie er oder sie das möchte. Sehr schön spielt die Kolumnistin Silke Burmester auf Spiegel Online mit dem Niveau der Diskussion, wenn sie schreibt: "Der Osterhase sollte Drogen verteilen, damit wir Deutschen endlich das tun, was er selbst so gut kann: rammeln ohne Sinn und Verstand. Und ohne Angst, ungeplant Kinder in die Welt zu setzen."
Datenempfehlung & Grafik: ausländische MütterAusländer, so hört man oft, bekämen viel mehr Kinder als Deutsche. Neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen jetzt, wie wenig das (noch) zutrifft. Die Daten der "Natürlichen Bevölkerungsbewegung" für 2011 (Excel-Datei runterladen, eine wahre Fundgrube!) gliedern die Geburtenrate nach Deutschen und Ausländern auf (Tabellen-Blatt 2.7.1):
Ich war selbst überrascht: Deutsche Mütter kamen 2011 auf 1,33 Kindern pro Frau, ausländische auf 1,58. Das ist nicht mehr weit auseinander, bedenkt man, dass das Verhältnis 1991 noch 1,26 zu 2,04 war. Ganz anders sieht es aus, wenn beide Eltern deutsch, bzw. ausländisch sind: Deutsch-deutsche Paare bekamen 1,45 Kinder pro Frau Ausländer-Paare nur 0,90.
Die Geburtenraten einzelner ausländischer Bevölkerungsgruppen werden in Deutschland zwar nicht erfasst (anders als etwa in den USA). Dafür aber die absolute Zahl von Kindern, die Mütter einer bestimmten Staatsangehörigkeit bekommen. Vorne liegen türkische Mütter: 23.172 Babys von 662.685 Geburten in Deutschland 2011 insgesamt. Im Ganzen ist das Bild sehr bunt, denn die ausländischen Mütter kommen in Deutschland aus 176 Nationen (Tabelle 2.17_3 in der Excel-Datei von Destatis). Das gefiel mir so gut, dass ich versucht habe, die Herkunftsverhältnisse zu visualisieren, in einer so genannten "Treemap" (Flächengröße steht für Anzahl der Geburten):
Im Demografie-Blog gibt's das Bild auch als große Vektorgrafik zum Reinzoomen.
So, genug der Daten. Es ist Freitag und das Wochenende steht vor der Tür. Genießen Sie zwei hoffentlich sonnige Tage!
Ihr Björn Schwentker
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